Das Yule-Fest: Hintergrund und Ritualvorschlag

Yule wird in der Nacht vom 21.12. auf den 22.12. gefeiert, der Wintersonnwende. Dies ist der kürzeste Tag im Jahr, der dunkelste Tag. Von nun an werden die Tage wieder länger, Yule markiert den absoluten Tiefpunkt, genau wie den Wendepunkt.

An Yule wird die Geburt des Lichts gefeiert, also die Geburt des Bewusstseins. Der dunkelste Tag ist überstanden und der Funke des aufkeimenden Lichtes ist gesetzt. Noch ruht er tief in der Erdenmutter (und wirkt unter der normalen Wahrnehmungsschwelle), doch beginnt er nun mit jedem Tag zu wachsen, bis er sich zum Imbolc physisch zeigt und zu Ostara physisch zu wirken beginnt.

Im Christentum, wie in vielen anderen Religionen, wird die Geburt des Heilbringers gefeiert, des „göttlichen Kindes“. Es gibt unzählige Ausführungen zur Interpretation der Bildsprache religiöser Texte, deshalb möchte ich hier nur einen kurzen Impuls dazu geben. Im Christentum handelt der Mythos von Jesus, dem Sohn Gottes, von der „Vollendung“ der Menschheit. Durch Jesus Christus, also das Bewusstsein Gottes Kind zu sein, erlöst der Schöpfer die Menschheit von ihren Sünden (der Idee gegen den Schöpfer handeln zu können) und eröffnet so einen neuen spirituellen Weg.

In meinem Bild des Jahreskreises ist Yule das Fest der Empfängnis. Ein neues Bewusstsein, ein neuer Zyklus wird geboren, indem er empfangen wird. Nun entwickelt sich das Bewusstsein, bevor es inkarniert, also in die Welt tritt. Genau wie vor jeder Tat ein Gedanke (männlich) und eine Emotion (weiblich) steht, bevor sie in die Welt tritt. Das Bild der Empfängnis ist mir sehr wichtig, da dieses Bild die energetische Qualität des Festes am besten widerspiegelt. Der Jahreskreis stellt ja auch ein universelles Muster eines zyklischen Prozesses dar und soll Bewusstheit in die Zwischentöne des Werdens und Vergehens bringen.

Nachdem wir uns in der Zeit vor Yule mit unseren Ahnen verbunden und unsere Wurzeln gestärkt haben, sind wir nun bereit, Zeuge zu sein, wie ein neuer Impuls geboren wird. Dieser Impuls ist universell, der Jahreskreis ist der Zyklus von Vater Himmel und Mutter Erde. Er beeinflusst alle Systeme auf dieser Welt, Länder, Industrien, Gesellschaft und Individuen. Die Frage ist, ob wir ihn an-erkennen oder unbewusst bleiben. Das Neue willkommen zu heißen bedeutet, sich anzupassen. Und sich etwas so Zartem wie einen neu empfangen Impuls bewusst zu werden, erfordert Achtsamkeit und Hingabe, Stille und Langsamkeit.

Nach dem Yule-Fest folgen die Rauhnächte, eine besondere Zeit der Entschleunigung, eine Zeit um sich mit dem neu gezeugten Impuls auseinander zu setzten, dem Samen ein Bett zu bauen und sich auf ihn einzustimmen, und damit den ersten Schritt in die neue Blütezeit zu tun.

Wie zu Samhain und den anderen Jahreskreisfesten ist es auch und besonders zu Yule und während den Rauhnächten so, dass hier die Schleier zwischen der alltäglichen und der nicht-alltäglichen Welt besonders dünn sind, so dass auch „Uneingeweihte“ die Möglichkeit bekommen, direkt mit der geistigen Welt in Verbindung zu treten. Traditionell eine Zeit, der sehr viel Respekt entgegen gebracht wird.

Yule feiern:

Für mich persönlich bedeutet das Feiern des Yule-Festes auch, die Rauhnächte zu begehen. Zu den Rauhnächten werde ich noch einen eigenen Beitrag schreiben. Der Yule-Rauhnächte-Komplex vereint dann Weihnachten und Neujahr in einem 12 Nächte andauernden Zyklus.

Falls du zu Yule nicht auf ein Sonnwend-Feuer gehst und in einer Gemeinschaft feierst, gebe ich dir im Folgenden einen Impuls, wie du ein persönliches Ritual gestalten kannst.

Das Ritual dreht sich darum, den oben beschrieben Trendwechsel zu feiern.

1. Bereite einen persönlichen Altar vor. Auf meinem Altar sind die Elemente (Erde, Feuer, Wasser, Luft und Aether), die Ahnen und Nachfahren, meine persönlichen Krafttiere, Geistführer und Hilfsgeister vertreten, sowie ein Räucherkelch und Räucherwerk.

2. Reinige dich (z.B. durch das Räuchern von Salbei oder durch das Waschen mit Wasser)

3. Begrüße die Geistige Welt und eröffne deinen persönlichen, heiligen Raum (Durch ein Gebet, Musik oder Trommeln/Rasseln)

4. Verkörpere Mutter Erde, die im Winter schläft. Im Schlaf träumt sie vom letzten Jahr. Dabei liegt sie regungslos im Dunkeln. (Meditiere in Stille und Dunkelheit. Gehe das vergangene Jahr vor deinem inneren Auge noch einmal durch. Alles Schöne, aber auch alles, was schmerzhaft war und dich gefordert hat. Gib allen Problemen, mit denen du zu kämpfen hattest, deinen Segen. Gib nach dem segnen das Ungelöste und Unverstandene an die Dunkelheit und Stille ab, in der du sitzt. Dabei kannst du dir selbst sagen: Du hast mich beschwert. Du bist mir gegenüber still geblieben. Ich konnte die Lösung nicht sehen. Ich danke der Dunkelheit und Stille, dass Sie für mich arbeiten.

Das ist der tiefste Punkt.)

5. Verkörpere den Wendepunkt. Wenn du kannst, setzte dich an einen anderen Platz an deinem Altar, rücke sozusagen um 90° weiter. (Der Wendepunkt ist Akzeptanz und Frieden. Werde noch stiller als zuvor. Versuche, ganz in den Moment zu kommen. Schalte den Verstand komplett ab und werde Beobachter. Wenn du bereit bist, lass den göttlichen Funken ein und zünde eine Kerze an. Bleib dann noch ein wenig in Stille dort sitzen.)

6. Verkörpere Mutter Erde im neuen Zyklus. Sie ist nun von Vater Himmel befruchtet, trägt neues Licht in sich. Sie schläft noch immer, aber nun träumt sie vom neuen Jahr, das bereits in ihr heran wächst. Wenn du kannst, setzte dich noch einmal um, so dass du deiner Anfangsposition jetzt gegenüber sitzt. (Meditiere weiter. Befasse dich jetzt aber mit

dem Neuen, was im kommenden Zyklus auf dich wartet. Denke darüber nach, was du im neuen Jahr geplant hast. Was du anders machen willst. Lass deine Vorstellungen und Wünsche auf dich wirken. Spüre nach, woher der Wunsch kommt und wie er sich anfühlt. Schaffe bewusst Platz in deinem Geist, und öffne dich der neuen Dynamik, die auf dich zukommt. Frage dich: Welche Neuerungen hat das Licht mir gebracht? Öffne dich für das Unbekannte, das dir im neuen Jahr begegnen und helfen wird. Gehe in die Hoffnung und in die Dankbarkeit.)

7. Bedanke dich bei der geistigen Welt und schließe den heiligen Raum. Nimm dir Zeit, das Ritual nachwirken zu lassen.

Ich wünsche dir ein gesegnetes Yule-Fest!

Herzlich,

dein Manuel

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